1. Sie wurden als Interior Designer inzwischen bei den Awards „Best of Interior“ und „Die schönsten Restaurants, Hotels & Bars“ ausgezeichnet. Designen Sie lieber Wohnkonzepte, oder Interiors aus anderen Bereichen?

Beide Themen liebe ich. Deswegen sehen die Wohnungen bei mir aus wie Bars und die Bars wie Wohnzimmer, bzw. unser Besprechungsraum wie ein Club. Das eine geht ohne das andere nicht. Mich faszinieren Orte mit Langlebigkeit und da Wohnungen meisten länger unverändert blieben als Bars, habe ich eine leichte Präferenz in Richtung Wohnkonzept. Aber natürlich gibt es auch die American Bar von Adolf Loos in Wien von 1908. Eine Zeitkapsel. Das sollte das große Ziel sein. Egal ob Wohnung oder Bar!

 

  1. In Ihrem neuen Buch „Gently Radical“ sprechen Sie über einige Orte und Möbelstücke, die Sie besonders inspirieren. Wie gehen Sie vor, wenn die Kund:innen ganz spezifische Vorgaben geben?

Götz Alsmann hat einmal bei „Zimmer Frei“ gesagt, „Wenn man weiß, dass man recht hat, ist die Stimme der anderen wurscht!“ Scherz beiseite. Mein Beruf hat sehr viel mit Empathie zu tun und die Parameter der Kundinnen und Kunden sind die Grundlage unserer Arbeit. Wir sind daran interessiert, dem ganzen einen schönen Mantel zu geben, die genwünschte Funktion aber unbedingt stattfinden zu lassen. Grundsätzlich ist jedoch ist jedes Projekt eine Reise, auf der beiden Seiten viel (kennen)lernen.

 

  1. Für die Anfänger im Thema „Interior Design“ und „Innenarchitektur“: Womit fängt man Ihrer Meinung nach am besten an?

Mit einem Bild, einem Raum, einem Möbel oder einer Farbe. Man merkt, dass die Zahl „eins“ wichtig ist. Viele verzetteln sich in digitalen Moodboards und hinterher entsteht das Gefühl, als hätte man alles von einem Buffet gleichzeitig gegessen. Richtig: Einem wird schlecht. Die Aufgabe ist es, sich einen Ursprung zu suchen, und anhand diesem das Konzept zu entwickeln. Motto: Ein Bild! Habe ich beispielsweise einen Raum in einem Restaurant, den ich grandios finde, geht es in die Analyse: Welche Farben tauchen auf? Welche Möbel und welche Stoffe sind miteinander kombiniert? Und innerhalb kürzester Zeit entsteht ein Einrichtungskonzept. Der Ursprung kann jedoch auch ein Esstisch sein. Aus welchen Materialien ist dieser und welche passen dazu? Welche anderen Formen lassen sich dazu kombinieren? Wichtig ist, dass Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und nicht alles zu kombinieren, was man großartig findet. Das macht -wie beim Buffet- Bauchschmerzen.

 

  1. Haben Sie ein liebstes (Callwey) Buch außerhalb des Themas Architektur?

Ich habe meiner Mutter zu Weihnachten das Buch „Zu Gast an der Ostsee“ geschenkt. Ich war aus mehreren Gründen sehr begeistert. Ich liebe die Ostsee und halte diese für völlig unterschätzt. Meine Kindheit hat in einem Ferienhaus in Pelzerhaken (Lübecker Bucht) stattgefunden und noch heute entdecke ich immer wieder neue Orte und großartige Restaurants. Dieses Callwey Buch hat es für mich geschafft, das Gefühl meiner Kindheit einzufangen und Lust auf Neues zu machen. Tipp am Rande: eines meiner Lieblingsrestaurants ist das „MIERA“ in Neustadt in Holstein. Es liegt direkt am Hafen und hat eine Küche zum süchtig werden.

 

  1. Haben Sie eine Lieblingsfarbe, die Sie (unabsichtlich) in Ihre Design Konzepte integrieren?

Leider muss man sich eingestehen, dass ich gerne bei grün lande. In sämtliche Facetten. Es mag daran liegen, dass meine ersten gebauten Entwürfe Baumhäuser waren und ich heute noch fasziniert davon bin, wie beruhigend eine an die Natur angelehnte Farbwelt auf mich wirkt. Wir haben jüngst eine komplett grüne Wohnung fertiggestellt. Magisch! Selbst bei den kleinen Aquarellen, die ich für die Projekte anfertige, ertappe ich mich dabei, dass ich immer noch einige grüne Blätter oder eine Pflanze zeichne. Es ist wahrscheinlich unsere Verbindung zu Natur, die sich nicht herausprogrammieren lässt. Aber meine Neugierde sämtliche Farben stattfinden zu lassen und die perfekte Farbe für jedes Projekt zu finden treibt mich voran.

 

  1. Dieses Jahr waren Sie als Gewinner von „Best of Interior 2023“ als Jurymitglied des Awards dabei: Was ist für Sie die größte Herausforderung, andere Projekte und Konzepte zu beurteilen?

Es mag fachlich eine Herausforderung sein objektiv zu bleiben und sicherlich ist es ein sehr qualvoller Prozess, wenn man sämtliche Parameter der Projekte mit in die Bewertung einbezieht. Die harte Wahrheit ist auch, dass jedes Projekt in der Realisierung ein qualvoller Weg ist. Der Beruf ist sehr anstrengend und die Kunst ist es am Ende leicht und nach Lebensfreude aussehen zu lassen. Ich habe in der Bewertung einen pragmatischeren Ansatz gewählt. Mein Mantra lautete: Würde ich in diesem Interior gerne am Freitagabend mit Freunden einen Negroni Sbagliato trinken? Da konnte ich zügig Punkte verteilen. Und das Schöne ist, dass mein Favorit der Gewinner geworden ist. Offensichtlich würde die Jury gerne mit mir dort einen Drink nehmen!

 

Fotocredit: Cosy Studio