Morgen ist es wieder so weit. Ab morgens um sieben werden unsere Innenstädte bevölkert von Zusammenrottungen spaßwütiger Herrenkombos. Bierkasten irgendwo hingestellt, alberne T-Shirts angezogen, gerne auch mal lustige Schirmmützen in Einheitslook dazu, und los geht der Terror der Zivilgesellschaft. Da werden Lieder geträllert, von deren Existenz selbst die prolligste RTL-Ballermanndoku zurecht nichts ahnt. Da werden die schön restaurierten Passagen unserer Innenstädte mit einer Anti-Ästhetik-Aura überzogen, die sich Attila der Hunnenkönig beängstigender kaum hätte ausdenken können.
Man fragt sich aber nun: Woher kommt diese Sehnsucht nach Barbarei, die mit souveräner Männlichkeit kaum mehr zu tun hat als das Hofbräuhaus in Shanghai mit seinem Münchner Vorbild (wobei man den Vatertagsgängern nur zu gern Flugtickets zum chinesischen Biertempel spendieren wollte)? Der Grund sind, natürlich, die Frauen. Deren Parallelfeier, der Muttertag, ist die immer viel zu schlaue große Schwester des Vatertags, die alles besser weiß. Der Muttertag ist ein Hochamt an moralgetränktem familienbezogenen Gutmenschentum. Dagegen begehrt der Bad Guy des Festtagskalenders, der Vatertag, auf.
Also: Die raumgreifende Pöbelei namens Vatertag ist natürlich ein Hilfeschrei. Der Muttertag symbolisiert eine neue Dominanz des Weiblichen. Eine Dominanz, die sich in höheren Abiturientinnenquoten, besseren IQ-Resultaten und der weiblichen Dominanz selbst in vermeintlich „harten“ Studiengängen wie BWL niederschlagen. Der eiskalte Chef der New Yorker Rechtsanwaltskanzlei „Pearson Hardman“ in der brillanten TV-Serie „Suits“? Eine Chefin. Und wer zockt seit gefühlt Kohlschen Zeiträumen alle Alphatiere im politischen Berlin ab? Na? Was Wunder, dass da ein paar maskulin Gechallengte aus der Haut fahren. Man will sich gar nicht vorstellen, wie der Vatertag rund ums Kanzleramt begangen wird.
Was ist also die Lösung des großen Dilemmas? Hilfe stiftet, wie so oft in der schönen Welt des Kapitalismus, der Kommerz. Genauer die dänische Spielzeugfirma Lego. Die verschickt dieser Tage PR-Material für ihre kurios betitelte Serie „Lego Men“. Ich darf zitieren: „Deutschland feiert Vater- bzw. Männertag. An diesem einen Tag im Jahr dreht sich alles um die Herren der Schöpfung, die es sich bei der Grillparty, beim Familienausflug oder beim LEGO Bauen in den eigenen vier Wänden gutgehen lassen. Bei der LEGO GmbH kommen Männer das ganze Jahr auf ihre Kosten – mit LEGO Bausets, die anspruchsvollen Bauspaß auch für erwachsene Technikfans, Abenteurer und Nostalgiker bieten.“
Ist doch logisch: Die überforderte Männlichkeit entflieht einfach der Konfrontation mit dem weiblichen Prinzip, indem sie den Zweikampf insgesamt unterminiert. Gegen Männer können Frauen im Geschlechterkampf gewinnen. Gegen debil grinsende Legospieler im Keller, denen der Begriff „großes Kind“ als Lob gilt, nicht. Dass diese Sehnsucht nach a-maskuliner Neo-Kindlichkeit um sich greift, zeigt jeder Blick auf die gentrifizierten Spielplätze unserer Innenstädte im Prenzlauer Berg, Hamburg-Eppendorf oder München-Schwabing. Da sitzen gelangweilte Kids am Rand und warten darauf, dass ihre Väter endlich ihre hysterischen Förmchenback-Orgien in der Sandkiste einstellen.
Ich weiß, was Sie jetzt denken. Und Sie haben recht: Dann schon ein bisschen lieber archaisches Gepöbel auf der Bierkiste.
PS: Wer den Vatertag mit wahrhaft männlichem Stil begehen möchte, für den hat der Callwey Verlag die richtigen Beigaben. Zum Beispiel Haus & Auto international …