Häuser des Jahres Ausstellung

 

Erstmals wandert die Ausstellung „Häuser des Jahres“ durch einige Technische Rathäuser und gibt Bauherren und Architekten, die einen Bauantrag stellen wollen, Inspiration mit auf den Weg. Nachdem die Ausstellung in den letzten Wochen erfolgreich in Paderborn gezeigt wurde, gastiert sie mittlerweile in Bielefeld. Bis zum 28. Mai 2015 kann man sich die Ausstellung noch im Technischen Rathaus in Bielefeld ansehen. Gerade das Interesse aus Ostwestfalen freut uns als Verlag im allgemeinen und mich als Redakteur im speziellen – ist OWL doch meine Heimat und ⎼ etwas provokant formuliert ⎼nicht unbedingt die Speerspitze gehobener Baukultur und architektonischer Qualität.

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Ausstellung Häuser des Jahres in Bielefeld

Schon in Paderborn wurde die Ausstellung dazu genutzt, über Baukultur zu sprechen, zu diskutieren und sich auszutauschen. Dies wurde gestern Abend in Bielefeld fortgeführt. Darius Djahanschah vom Team Baukultur beim Landschaftsverband Westfalen Lippe hat uns mitgenommen und uns die Baukultur in Westfalen vorgestellt – sie ist versteckt und verborgen und muss manchmal gesucht werden, doch ja, es gibt sie! Gute Baukultur lässt sich nicht so einfach definieren und ein jeder versteht etwas anderes darunter. In Bielefeld wurde gerade das Besucherzentrum von Max Dudler neben der Sparrenburg eröffnet – ein kubischer Baukörper, ausgeführt in Stampfbeton. Vielen Leserbriefe standem dem Gebäude ziemlich kritisch gegenüber: nicht nur, dass der Stampfbeton jetzt schon bröseln würde und die Wände immer zu feucht wären, auch die klare kubische Form sorgte für Unverständnis: Wie könne man nur solch ein Gebäude neben der historischen Sparrenburg genehmigen?!

Baukultur bezeichnet eben nicht nur historische Gebäude, sondern auch Gebäude die heute und morgen fertiggestellt werden.

Der Bürger meint oftmals, sich baukulturell ja sowieso nicht engagieren zu können, dabei nimmt jeder „Häuslebauer“ direkten Einfluss darauf – jedes Einfamilienhaus ist Zeugnis von Baukultur und somit übernimmt jeder Bauherr mit seinem Haus Verantwortung. Das Haus fügt sich in die Straße, in die dörfliche Struktur und in die Landschaft ein. Meinhard von Gerkan hat sich 1992 mit seinem Satz: „Einfamilienhaussiedlungen sind überwiegend Beispiele gestalterischer Entgleisungen und kurzlebiger Moden!“ nicht unbedingt viele Freunde außerhalb der Architektenschaft gemacht und vermutlich bei den Bauherren das Klischee untermauert, dass der Architekt sich nur selbst verwirklichen möchte und keine Rücksicht auf die Wünsche der Bauherrschaft nimmt.

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Führung durch die Ausstellung – Häuser des Jahres

Ist es aber nicht genau umgekehrt? Bauträger gaukeln eine individuelle Planung vor und zeigen Bilder ihrer hundertfach realisierten Gebäude aus idealperspektivischen Blickwinkeln und umschmeicheln die Kunden mit feinster Maklerprosa. Beim Blick auf die Grundrisse – gerne mit schrägen Wänden, zweifach gewinkelten Treppen und Räumen, die schon im Grundriss kaum zu möblieren sind, stellen sich bei den Architekten die Nackenhaare auf. Bauträger und Architekt haben zwei grundverschiedene Ausgangslagen. Der Bauträger versucht, seinen Gewinn zu maximieren in dem er Grundrisse x-fach verwendet, möglichst günstige Materialien wählt und sich Änderungswünsche des Bauherrn bezahlen lässt. Der Architekt versucht, die Wünsche und Anforderungen der Bauherrschaft individuell in räumliche Strukturen zu übersetzen und die gewünschte Lebensweise zu umschreiben. In seinem Entwurf bildet er ab, wie die Bewohner eines Hauses zueinander stehen, wo sie sich begegnen, sich zurückziehen oder auch aus dem Weg gehen können. In einem Haus verbringt man viel Zeit, man lebt und wohnt, man entwickelt sich und so sollte das Haus eben genau diese ganz individuellen Bedürfnisse auch abbilden. Ein Haus sollte wie ein zweites Kleid, ein zweiter Anzug für den Bauherrn maßgeschneidert sein.

Unsere sehr erfolgreiche Buchreihe „Häuser des Jahres“ (Architekturbücher erschienen bei Callwey) zeigt ebendiese Häuser. Von der teuren Villa über normale Häuser bis hin zu „Low-Budget-Projekten“ wird die gesamte Bandbreite von Einfamilienhausarchitektur ausführlich beschrieben und vorgestellt. Was in vielen Gesprächen mit Architekten, Bauherren und Handwerkern immer wieder zum Ausdruck gebracht wird, ist die Tatsache, dass gute Architektur nur entstehen kann, wenn diese drei Partner auf der Baustelle vertrauensvoll miteinander umgehen und die jeweilige Arbeit des anderen wertschätzen.

So kann eben doch jeder Bauherr seinen Beitrag zur Baukultur leisten.

Wir als Verlag sind stolz darauf, mit unserem Buch diese Auseinandersetzung mit Architektur und Baukultur immer wieder zu fördern und freuen uns sehr über die städtischen Initiativen, mit unserer Ausstellung in den Dialog und Diskurs mit Architekten, Bauherren und der Politik zu gehen.

Die Ausstellung wird noch vor dem Sommer von Bielefeld ins sauerländischen Arnsberg weiterziehen und sicherlich auch dort für Diskussion und Inspiration sorgen.