Rettet den Buchs

Der Buxus hat noch Zukunft

Erfahrungsbericht von Manfred Lucenz und Klaus Bender aus ihrem niederrheinischen Garten

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Unsere Buxus sehen jetzt, im Winter 2017/2018, dunkelgrün und gesund aus. Es sind rund 90 Meter Hecken und 42 als Pyramiden, Kuben oder Kugeln beschnittene Einzelpflanzen.
Gelungen ist dies durch Einstäuben mit Algenkalkpulver und durch den Winterschnitt, die die Buxuskrankheiten bekämpft und den Zünslerbefall verhindert haben. Es sind vor allem zwei Pilzerkrankungen, die den Buxus bedrohen. Diese Pilze verursachen unterschiedliche Schadbilder und sind in unserem Garten mit unterschiedlichen Strategien bekämpft worden. Außerdem gelang es, Schäden durch den Zünsler zu verhindern.
Das Buchsbaumtriebsterben (Cylindrocladium buxicola) tritt in der Regel bei regnerisch schwül-warmer Witterung auf. Die Blätter bekommen braune, ineinander übergehende Flecken und fallen innerhalb weniger Tage ab. Der Pilz breitet sich rasend schnell aus, aber die verkahlten Stiele sind nicht tot. Sie treiben wieder aus, aber der neue Austrieb ist schwach. Gegen diesen Pilz hilft Algenkalk in Pulverform. Es ist zu beobachten, dass ein sofortiges Einstäuben die sonst rasante Weiterentwicklung der Krankheit stoppt. Die Pflanzen erholen sich wieder, aber das braucht Zeit.

Knotengarten (Knot Garden) vor dem Wohnhaus
Knotengarten (Knot Garden) vor dem Wohnhaus

 

Rezept gegen die Buchskrankheit

Das Einstäuben mit Algenkalk hat in unserem Garten auch Schäden durch den Zünsler verhindert. Seit 2016 breiten sich die Schädlinge am Niederrhein aus und im Sommer 2017 flatterten zahlreiche Buchsbaumzünsler (Cydalima perspectalis) durch unseren Garten. Wir entdeckten die Gespinste mit Eiablagen, die sich aber offensichtlich nicht entwickeln konnten, da der über die Buxus gestreute Kalk vom Regen eingewaschen war. Er blieb im Innern der Pflanzen als feiner Belag erhalten. So konnte die Entwicklung der Raupen verhindert werden. Zwar hatten wir einzelne, kaum wahrnehmbare Fraßstellen im Bereich der Neuaustriebe und konnten beobachten, wie diese in den Sommermonaten innerhalb von drei Wochen wieder zuwuchsen. Die Neuaustriebe waren nicht eingestäubt gewesen.
Ähnliches gilt auch für den Buxus-Pilz Cylindrocladium buxicola. Auch hier gab es einzelne Befallstellen, aber auch diese blieben auf die 2-3 cm langen Neuaustrieb beschränkt. Da wir unsere Pflanzen regelmäßig kontrollieren, haben wir sofort solche Handteller großen Schadstellen eingestäubt – der Pilz breitete sich nicht weiter aus! Nach dem Schneiden im Winter sind diese Stellen nicht mehr sichtbar.
Der Buchsbaumkrebs (Volutella) hat ein vollkommen anderes Schadbild. Die Blätter der befallenen Äste verfärben sich zunächst orange-rot und sterben ab. Langsam greift die Krankheit auf die gesamte Pflanze über. Vor etwa 10 Jahren hatten wir nach einem Rückschnitt der Hecken im Juni/Juli in unserem Gemüsegarten einen massiven Befall. Innerhalb von wenigen Wochen war ein Drittel der Beeteinfassungen erkrankt und wir haben die Buchshecken im folgenden Frühjahr entfernt. Unser Gemüsegarten ist voll besonnt und es war zu beobachten, dass Einfassungen der Randbeete im Schatten großer Bäume nicht befallen wurden. Offensichtlich waren die entscheidenden Faktoren der Sommerschnitt und die sonnige Lage. Natürlich waren die Hecken an Tagen mit bedecktem Himmel geschnitten worden. Seit wir unsere verbliebenen Buchshecken im Winter schneiden, gibt es keinen nennenswerten Befall durch Volutella. Der Winterschnitt erfolgt bei uns am Niederrhein im Februar/März an frostfreien Tagen. Buxus kann zu den robusten Gehölzen gezählt werden, da er ähnlich wie die Eibe die Eiszeiten überlebt hat.
Es gibt auch bei einzelnen Buxuspflanzen winterliche Verfärbungen, die sich dann im Frühjahr wieder zurückbilden. Obwohl diese Verfärbungen dem Erscheinungsbild des Volutella-Pilzes ähneln, sterben die Pflanzen nicht ab, sondern werden wieder grün. Wahrscheinlich handelt es sich um standortspezifische Mangelerscheinungen.

Gesundete Buchshecke nach der Behandlung mit Algenkalk
Gesundete Buchshecke nach der Behandlung mit Algenkalk

 

Rettung der Pflanzen

Außerdem konnten wir beobachten, dass der Volutella-Pilz sich bei uns auf den Buxus arborescens ‘Suffruticosa’ beschränkt. Alle Pflanzen der Sorte ‘Sempervirens’ haben in unserem Garten bisher keinen Volutella-Befall, obwohl einige Pyramiden als Eckpunkte in direktem Kontakt mit den befallenen Hecken standen.
Vorläufiges Fazit: Seit vier Jahren wenden wir Algenkalk und Winterschnitt an. Die beiden Buxuspilze (Cylindrocladium und Volutella) sowie Schäden durch den Zünsler haben wir damit erfolgreich bekämpfen können. Auch in einigen Gärten im Freundeskreis ist diese positive Entwicklung zu beobachten. Für uns also ein Grund zur Hoffnung und der Anstoß, unsere Beobachtungen und Erfahrungen auf breiter Ebene zu publizieren. Wenn viele Gartenbesitzer diese Verfahren erfolgreich anwenden und die nötige Geduld aufbringen, trägt das zur Rettung einer alten Kulturpflanze bei.
Bei uns hat es sich bewährt, in der 2.Aprilhälfte den Algenkalk prophylaktisch anzuwenden und nicht erst bei Befall. Wenn später noch Schadstellen auftreten, wird sofort nachgekalkt.
Allerdings ist erhöhte Wachsamkeit nötig, denn Pilze verändern sich schnell. Wir können beobachten, dass der Cylindrocladium-Pilz seit zwei Jahren in etwas veränderter Form auch im Oktober nach starkem Regen selbst an kühlen Tagen auftritt. Auch dann hilft die Anwendung von Algenkalk.

Kletterrose 'Laguna' Im Buchs-Rondell
Kletterrose 'Laguna' Im Buchs-Rondell

 

Warum Algenkalk?

Voller Besorgnis haben wir an einer Buxus-Pyramide ( Buxus ‘Sempervirens’) vor zwei Jahren einen Befall mit einem neuen Schadbild feststellen müssen: Vom Erdboden her aufsteigend wurden die Blätter grau-schwarz. Der Algenkalk hat verhindert, dass die ganze Pflanze befallen wurde, aber an zwei Seiten sind die Blätter bis auf halber Höhe abgefallen und – anders als beim Cylindrocladium – waren die befallenen Zweige weitgehend abgestorben. Im zweiten Jahr gibt es jetzt zaghafte neue Austriebe aus dem Innern der Pflanze, aber keinen weiteren Befall mehr. Wir haben die Pyramide nicht entfernt, sondern wollen beobachten, wie die weitere Entwicklung sein wird. Der Algenkalk hilft auch hier, aber mit größerer Verzögerung ist eine positive Wirkung eingetreten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um eine weitere Pilzkrankheit (Fusarium buxicola).
Der Erfolg mit der Anwendung von Algenkalk hat uns ermutigt, weiter mit Buxus zu experimentieren. Da wir nach dem ersten Krankheitsbefall vor ca. zehn Jahren stark verunsichert waren, haben wir unsere Buchshecken nur noch zögerlich zurückgeschnitten. Dadurch sind viele Einfassungen unförmig geworden, und wir haben dann angefangen, bis aufs Holz zurückzuschneiden. Es zeigt sich, dass auch solch verholzte Pflanzen wieder austreiben und nach zwei Jahren wieder begrünt sind.

Einstäuben von Buchsbaum mit Algenkalk-Pulver
Einstäuben von Buchsbaum mit Algenkalk-Pulver

 

Experiment Nummer Zwei

Ein anderes Experiment besteht darin, dass wir Teile der Hecken aufgenommen haben und aus den alten Pflanzen die jungen, bewurzelten Triebe neu eingepflanzt haben. Die im März 2016 neu gepflanzte Hecke ist erstaunlich gut angewachsen und wird jetzt erstmalig vorsichtig geschnitten. Wir erinnern uns daran, dass es früher in den Bauerngärten üblich war, alle 6 bis 7 Jahre die Buxushecken ‘umzulegen’, d.h. zu verjüngen. Dazu werden die alten Pflanzen mehrfach geteilt und die tief in den Boden gewachsenen Wurzelstöcke entfernt. So erhält man eine Fülle kleiner Jungpflanzen, die rasch anwachsen. In Westfalen kamen dazu Arbeiter aus den Niederlanden, die als Lohn den überzähligen Buxus mitnahmen. Es wäre interessant, ob es Berichte aus dem 17. und 18. Jahrhundert über die Pflege der Buxusparterres in den Schlossanlagen gibt.

Walnussbaum mit Wiese
Walnussbaum mit Wiese

 

Die Liebe zum Buchs

Als die Buxuskrankheiten vor Jahren in unserem Garten immer weiter um sich griffen, haben wir alle möglichen Methoden der Düngung, z.B. mit Urgesteinsmehl, ohne überzeugende Ergebnisse angewandt. Gifteinsatz war bei uns von Anfang an ausgeschlossen, weil wir seit 30 Jahren auf unserem 4000 m² großen Grundstück keine Herbizide oder Insektizide verwenden. Wir sahen die Gefahr, das vorhandene Gleichgewicht zu zerstören. Aber 2013 waren die Buchshecken in einem erbärmlichen Zustand, und wir überlegten uns Ersatzpflanzungen. Da alte Buchshecken sehr tief wurzeln und wir das Ausgraben scheuten, zögerten wir, zudem schreckte uns auch der Kostenfaktor ab. Eine Ersatzpflanzung mit Taxus cuspidata ‘Leskow’ hätte erhebliche Kosten nach sich gezogen. Ein Gartenbesucher, dessen Namen wir uns leider nicht gemerkt haben, berichtete von seinem Erfolg mit Algenkalk in Pulverform.
Bevor wir die Arbeit und die Kosten einer Ersatzpflanzung auf uns nahmen, griffen wir zum Algenkalk. Erstmalig im Herbst 2013 angewandt, konnten wir bereits im folgenden Frühjahr eine positive Entwicklung beobachten, die sich dann in den nächsten Jahren verstärkte. Dies können wir nur glaubhaft machen, weil Marion Nickig diesen Prozess regelmäßig durch Fotos dokumentiert hat.
Außerdem gibt es bei uns noch einen emotionalen Aspekt, warum wir uns nicht vom Buchs trennen wollen und können: Schon von den Römern sind beschnittene Buxus zur Gartengestaltung eingesetzt worden (Plinius berichtet davon). In den folgenden Jahrhunderten ist der Buchs über die Klostergärten in die Bauerngarten gelangt und war in den Gärten der Renaissance und des Barock ein wesentliches Element. Uns hat es bedrückt, dass diese alte Kulturpflanze in der Gegenwart existentiell bedroht ist. Wir Gärtner müssen uns in den letzten Jahren mit vielen neuen Schädlingen und Krankheiten auseinandersetzen, die in der breiten Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden. Es ist eine gewisse Trotzhaltung bei uns, nicht vor diesen negativen Entwicklungen zu kapitulieren. Aber die Erfahrungen der letzten vier Jahre geben in Bezug auf den Buxus Anlass zur Hoffnung.

 

Bilder: Marion Nickig