1. Wie sieht für dich der perfekte Tag in Rom aus?
Früh aus dem Bett (nicht zu früh, natürlich) und in einem Café an einem günstig gelegenen Tisch Stellung beziehen – das muss keines der berühmten Kaffeehäuser sein, die Bar an der Ecke tut’s auch. Die Wellen der Leute beobachten: die Angestellten kurz vor Bürobeginn. Dann die Hausfrauen und Hausmänner, die zum Markt gehen oder gerade von dort kommen. Rentner, die mit eigentümlicher Hingabe die Tageszeitung studieren. Dann die Lebenskünstler und Studentinnen mit Buch oder Laptop. Die Bauarbeiter, die irgendwas an der Straße rumbohren und sich den caffè verdient haben. Dann die Angestellten von vorhin, die zur Kaffeepause zurückkommen. So kann ein Vormittag aufs Angenehmste dahingleiten.
2. Gibt es ein einziges Gericht, das du mit Rom verbindest? Und vielleicht auch ein römisches Gericht, das unterschätzt wird?
Ich war, bin und werde immer ein großer Carbonara-Fan sein. Und man lernt ja immer dazu: In Rom wird die Carbonara gern mit Pasta corta und im hohen Glas serviert, weil es ein Gericht ist, das sehr schnell auskühlt. Die kurzen Nudeln und das hohe Glas helfen beim Warmhalten. Und man muss es selbst kosten, was die römischen Köchinnen und Köche aus den doch sehr sperrigen carciofi machen. Artischocken können sie einfach.
3. Welches Restaurant aus dem Buch hat dich am meisten beeindruckt? Gab es ein besonderes Erlebnis, das dir geblieben ist?
Da gibt es mehrere: Barbara Agosti, die Königin der Carbonara, die sie auf 17 verschiedene Arten zubereitet, ob mit Kaviar oder mit Straußenei. Pier Daniele Seu, seine Liebe zur Pizza und seine Experimentierfreude. Und natürlich: Heinz Beck, der König der Stadt, drei Michelin-Sterne. Mit ihm Zeit in seiner Küche zu verbringen war wirklich beeindruckend. Zwei große Säle hoch über der Stadt, in denen zwanzig der begabtesten Köchinnen und Köche Italiens arbeiten, alle auf dem Weg zum Superstar. Aber erst müssen sie durch die knallharte Schule Heinz Becks.
4. Zu welcher Jahreszeit sollte man nach Rom reisen, um das beste kulinarische Erlebnis zu bekommen?
Rom geht immer, aber mir gefällt der späte Herbst und das späte Frühjahr am meisten. Herbst, weil es ohnehin die perfekte Zeit für Genießer ist (Pilze, Gemüse, Wild, Trüffel), und spätes Frühjahr, weil man schon draußen genießen kann, ohne dass die sommerliche Hitze zuschlägt.
5. Wenn du „Zu Gast in Rom“ als Menü servieren müsstest, welches Gericht wäre die Vorspeise, welches Hauptspeise und welches der Nachtisch?
Als Vorspeise würde ich etwas Leichtes, Vegetarisches wählen, zum Beispiel die Kabu-Rübe in Mandelsauce, die es in der schönen Weinbar „L’Antidoto“ in Trastevere gibt. Als Primo muss es dann Pasta sein, eventuell die Bucatini all’amatriciana, neben der Carbonara das zweite wichtige Nudelgericht in Rom. Als Hauptgang gibt es dann den Ochsenschwanz, natürlich nach dem Originalrezept von Sora Ferminia aus dem Jahr 1887, das ihr Urenkel Elio, 74 Jahre alt, noch heute im „Checchino“ nachkocht. Mi dispiace, aber für den Nachtisch ist dann einfach kein Platz mehr…
6. In „Zu Gast in Rom“ geht es nicht nur ums Essen, sondern auch um Lebensgefühl. Wie gelingt es dir, dieses römische „La dolce vita“ in Worte zu fassen?
Rom ist trotz der langen, überbordenden Historie erstaunlich kreativ und weltoffen, eine internationale Metropole eben. Rom hat sich aber vielerorts noch einen beinahe dörflichen Charakter bewahrt, etwa in manchen Gassen von Monti oder Trastevere. Kulinarisch lieben die Römer ihre Traditionen, aber haben auch das Selbstbewusstsein, Experimente zuzulassen oder selbst zu wagen. Reisende können ihre ganz eigene Stadt entdecken – Rom bietet alles im Überfluss
Mehr zu Stefan Maiwalds Italien-Liebe gibt es in seinem Podcast Radio Adria.
Fotocredit: Silvia Hauff

