Frau Brüßel, warum ist das Badezimmer heute längst kein reiner Funktionsraum mehr und bekommt immer größere Bedeutung im Haus und in der Wohnung?

Erst im Laufe der 1970er-Jahre ist das Bad ein selbstverständlicher Bestandteil einer Wohnung geworden. Ich kann mich noch gut erinnern: Als ich Kind war, hatte in Mietshäusern noch längst nicht jede Wohnung ein eigenes WC oder gar Badezimmer und auch in Einfamilienhäusern war das Bad nicht selten „übern Hof“ zu erreichen. Funktionalität war beim Einzug des Bades ins Haus und in die Wohnung zunächst das einzig Wichtige. Diese Funktionalität wurde im Laufe der Jahre immer weiter verbessert und schließlich kam der Designaspekt hinzu. Heutzutage leben die Menschen bewusster. Sie legen viel Wert auf die Gestaltung des eigenen Lebens und damit auch auf die Art zu Wohnen. Das Bad eignet sich hervorragend als Rückzugsort und als Ort der Reinigung von Körper, Seele und Geist. Deshalb hat sich das Bad vom reinen Funktionsraum zum funktionalen Wohnraum entwickelt.

Ob man sich in einem Raum wohlfühlt, ist ja eine recht individuelle Angelegenheit. Dennoch gibt es Trends in der modernen Badgestaltung, die für ein Wohlfühlerlebnis im Bad sorgen sollen. Welche sind die auffälligsten?

Am auffälligsten ist für mich der Trend, die Natur ins Bad zu holen. Natürliche Materialien, erdige Farbtöne und warm-weiche Oberflächen bringen den Wohlfühlfaktor ins Bad. Und das Interessante ist: Das gilt für nahezu alle Stilrichtungen, egal ob die Badbenutzer sich in eher wohnlichem oder eher puristischem Umfeld wohler fühlen. Holz, Naturstein, Leder, Pflanzen und Kalkputz sind Elemente, die immer häufiger im Bad Verwendung finden. Im Zusammenhang mit dem Wohlfühlerlebnis ist das Thema Licht das zweite, das mir sofort in den Sinn kommt. Mehrere Lichtquellen, direkte und indirekte Beleuchtung, gezielte Lichtsetzung zur Akzentuierung von Gegenständen oder Zonen, edle Strahler und formschöne Leuchten bis hin zum Kronleuchter gehören zu dem Trend auch das Bad ins rechte Licht zu rücken.

Martina Brüssel Callwey Autorin des Monats moderne Badgestaltung

Denkt man an das klassische Bad, fallen einem wahrscheinlich zuallererst kalte Badfliesen und weißes Porzellan ein. Dabei sind die Möglichkeiten neuer Materialien im Badezimmer so groß wie nie. Welche sind die spannendsten?

Wirklich spannend finde ich die Nutzung von Tapete im Bad. Im neuen Badbuch sind einige Beispiele zu finden, in denen sie als wohnliches Gestaltungselement eingesetzt wird. Da dieser Trend recht neu ist, gibt es noch wenige Erkenntnisse darüber, wie lange eine Tapete tatsächlich hält bzw. schön bleibt, wenn sie über Jahre einer hohen Feuchtigkeit ausgesetzt wird. Aber selbst, wenn sie nicht so lange hält wie Fliesen, hat sie immer noch den Vorteil, dass sie leichter erneuert werden kann. Interessant ist, dass sich die Farbe Weiß für Sanitärgegenstände hartnäckig seit Jahrzehnten an der unangefochtenen Spitze hält. Weiß ist und bleibt im Trend, allerdings in verschiedenen Materialien (Porzellan, Stahl/Emaile, Mineralwerkstoff u.a.), in verschiedenen Weißtönen, in matt und glänzend. Hersteller versuchen z.B. mit reliefartigen Oberflächenstrukturen und Holz- oder Stoff-Verkleidung und Metallrahmen für weiße Badewannen neue Trends zu setzen.

Die Digitalisierung gehört zu den Megatrends, die sich auf alle Lebensbereiche auswirken und ist auch im Badezimmer längst angekommen. Welche technischen Neuheiten gibt es aktuell?

Smart Home ist tatsächlich auch im Bad angekommen. Im Bad lässt sich heute fast alles mit einer App, einem Bedienpaneel oder Touchelement am Produkt steuern: Armaturen, Duschen, Wannen, WCs, Spiegel, Licht. High-End-Duschen verfügen z.B. über die Möglichkeit, ganze Choreografien voreinzustellen, bei denen sich Wassertemperatur, Strahlart, Menge, Auslassstelle, Musik, Duft und Farblicht entsprechend verändern. Der Trend digitaler Produkte für das Bad ist eindeutig auf dem Vormarsch. Auf der Leitmesse, der ISH in Frankfurt, hat in diesem Jahr nahezu jeder namhafte Hersteller auch digitale Produkte gezeigt. Ich bin davon überzeugt: In zwei Jahren bei der nächsten Messe werden wir noch eine deutliche Steigerung sehen.

Trends sind ja auch immer zeitlich begrenzt. Welche werden Ihrer Meinung nach bleiben und sich etablieren?

Das Bad wird die errungene Stellung als Rückzugsort und Energietankstelle nicht wieder hergeben. Die Megatrends Individualisierung, Gesundheit, Smart Beeing und Natur werden auch in Zukunft Haupttreiber für die weiteren Entwicklungen im Bad bleiben. Vor allem in dem Zusammenspiel der Trends Digitalierung und Gesundheit sehe ich noch viel Potential für neue Produkte und neue Anwendungen im Bad. Ambient Assisted Living (AAL) – also Methoden oder Technologien, die älteren oder gehandicapten Menschen ein selbstbestimmtes Leben im Alltag ermöglichen – wird in Zukunft auch im Bad stärker Einzug halten. Ändern werden sich Vorlieben für Farben und Formen und bestimmte Gestaltungselemente, die der Mode und dem Zeitgeist unterworfen sind. Waren es noch vor Jahren Glitzersteine oder Leuchtpunkte an der Decke mit Sternbildern, die absolut im Trend lagen, sind es heute Birkenstämme, Gräser in der Duschabtrennung und Moos an der Wand. Auch das wird sich sicher über kurz oder lang wieder ändern.

Hochwertige Materialien, digitale Steuerungsmodule, eine Sauna im Bad – derlei Elemente, die einen hohen Wohlfühlfaktor versprechen, sind meist sehr kostspielig. Wie bekomme ich bei kleinem Budget ein Wohlfühlbad?

Wohlfühlatmosphäre ist nicht in erster Linie davon abhängig, wie kostspielig und hochwertig die Einrichtung ist. Das A und O ist das harmonische Zusammenspiel von Sanitärobjekten, Einrichtungsgegenständen, Farben und Materialien, das zu einem stimmigen Gesamteindruck führt. Gerade bei kleinerem Budget ist es notwendig, sich zu fragen, was einem wirklich wichtig ist. Ist es z.B. Design, so kann ein einzelnes Objekt, das heraussticht und vielleicht etwas teurer ist, bei sonstiger schlichter Einrichtung den ganzen Raum aufwerten. Ich denke hier an eine formschöne Wanne, eine besondere Armatur, einen Designheizkörper, eine besondere Leuchte, eine ausgefallene Tapete oder ähnliches. Sind es z.B. Wellnessaspekte, so kann sich eine großzügige Dusche, deren Wände und Türe deckenhoch abschließen und die über eine Sitzbank verfügt, mittels eines Dampfgenerators schnell und relativ günstig in eine Dampfsauna verwandeln und für den normalen täglichen Gebrauch Dusche bleiben. Wir nennen das dann „Dampfdusche“.

Wer ein neues Bad plant oder ein bestehendes modernisieren möchte, hat mit einem Badplaner aus dem Aqua Cultura Unternehmerkreis einen qualitätsversprechenden Partner an seiner Seite. Welche Kriterien muss ein Badplaner eigentlich erfüllen, um das Qualitätssiegel Aqua Cultura führen zu dürfen?

Das Qualitätssiegel bekommen nur Badeinrichter verliehen, die nachweisen, dass sie über besondere Beratungs-, Planungs- und Ausführungskompetenz verfügen und ein Badstudio führen. Dabei geht es darum, das Bad ganzheitlich zu denken, zu planen und zu realisieren. Es geht um die komplette Einrichtung des Raumes Bad, die weit über die kunstvolle Anordnung von Sanitärgegenständen hinausgeht. Es geht auch um Licht, Farbe, Wand- und Bodenbelag, Möbel und Accessoires. Es geht um Optik, Akustik, Haptik und ein harmonisches Zusammenspiel der eingesetzten Gestaltungselemente. Und schließlich geht es darum, alles auch so perfekt zu realisieren, wie es geplant ist.