1. Du bist als Reisejournalistin viel gereist – was macht das Lebensgefühl in Südafrika für Dich einzigartig im Vergleich zu anderen Orten?
Südafrika ist kein glattes, kein einfaches Land. Es fordert uns heraus, zu hinterfragen, hinzusehen, vor allem aber zuzuhören und Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig beschenkt es einen mit einer Fülle, die schwer in Worte zu fassen ist: unglaubliche Natur, kulturelle Tiefe, beeindruckende Menschen, neuen, intensiven Perspektiven, die den eigenen Blick weiten. Ich habe selten einen Ort erlebt, der so reich ist an Natur, Kultur, Menschen, Bewegung – und der einem so deutlich zeigt, dass er nicht nur besucht, sondern wirklich verstanden werden will. Und es ist so viel mehr als nur Kapstadt: vom Kruger bis zur Karoo, vom West Coast Wind bis zum sanften Licht in den Winelands – es ist ein ganzes Gefühlsspektrum.
Das Leben hier fühlt sich wärmer, aber auch offener, weniger poliert und ehrlich an – wenn man bereit ist es zuzulassen. Es konfrontiert Dich mit Gegensätzen – mit Schmerz und Schönheit, mit Weite und Nähe, mit Geschichte und Gegenwart. Und genau dadurch macht es etwas mit einem. Es ist, als würde man sich neu ausrichten – mit mehr Demut, mehr Tiefe, mehr Bewusstsein. Für mich ist Südafrika wie ein tiefer Atemzug.
2. Schreiben, Reisen und Fotografieren – was treibt Dich in Deiner kreativen Arbeit am meisten an?
Ich schreibe und fotografiere, um Momente zu konservieren. Ich möchte Dinge festhalten und teilen – nicht das Große, Spektakuläre, sondern oft das Kleine, das leicht Übersehbare. Ein Augenblick in der Natur, ein Blick über meine Schulter, einen Geschmack auf der Zunge oder ein Gefühl, das mich umgibt, eine warme, unerwartete Geste. Eine Erinnerung. Schreiben, Reisen und Fotografieren sind für mich Wege, das Flüchtige greifbar zu machen, bevor es verschwindet. Reisen gibt mir Tiefe, Schreiben gibt mir die Worte meine Erinnerungen zu einer Erfahrung zu machen und Fotografie gibt mir das Medium um diesen Momente in einem Bild zusammenzuheften. Meine Arbeit ist mein Versuch, Bedeutung zu finden – und sie für andere fühlbar zu machen.
3. Wie unterscheidet sich das Verständnis von Design und Stil in Südafrika von dem in Europa? Gibt es Einflüsse, die besonders prägend sind?
In Europa – oder zumindest in Deutschland – ist Design oft durchdacht bis ins letzte Detail, fast millimetergenau geplant. Das hat seine eigene Perfektion, seine ganz klare Ästhetik. Aber südafrikanisches Design traut sich mehr zu fühlen. Es ist sinnlicher, mutiger, oft auch roher. Es darf unperfekt sein – und ist gerade dadurch so berührend. Südafrika hat diese beeindruckenden Landschaften, und Design oder gerade auch Architektur hier widerspricht dem nicht – sie antwortet darauf. Häuser ducken sich in Dünen, wachsen aus Felsen, holen die Farben und Texturen der Umgebung nach innen. Es geht im südafrikanischem Design nicht nur um Raum, sondern um Resonanz. Um Orte, die den Moment und den Kontext, in dem sie stehen, festhalten – und daraus Kunst machen.
4. „Südafrika Stil“ ist mehr als ein klassischer Reiseführer – es erzählt von einem Lebensgefühl. Wie hat Dich das Land in Deinem eigenen Stil und Deiner Ästhetik beeinflusst?
Ich glaube, Südafrika hat mich entschleunigt. Es hat mir gezeigt, dass Schönheit oft in der Unvollkommenheit liegt – in abblätternder Farbe, im gelebten Holz, im handgenähten Stoff. Wir müssen nicht ich mehr perfektionieren, nicht noch mehr optimieren – sondern so viel mehr wirklich fühlen. Mein Blick ist weicher geworden, und meine Ästhetik intuitiver. Ich suche nach Bedeutung in Design, nach Ursprung oder Geschichte. Südafrika hat mich gelehrt, dass Stil nicht nur etwas ist, das man sieht – sondern etwas, das man fühlt.
5. Wenn Du deinen Leser:innen nur drei Dinge empfehlen dürftest – sei es ein Ort oder ein Erlebnis in Südafrika, welche wären das und warum?
Ein Sonnenaufgang im Kruger, wenn die Savanne noch still ist, der Nebel zwischen den Bäumen hängt, irgendwo der Burchell’s Coucal ruft und die Welt sich ganz neu anfühlt.
Ein später Lunch in den Winelands – mit einem kühlen Chenin, einem langen Tisch unter Eichen und einem Festmahl aus allem, was der Garten, die Felder und die Farm gerade hergeben.
Ein Sonnenuntergang an der West Coast Strand – ein großer Topf selbst geernteter Miesmuscheln, frisches Brot, Salz auf der Haut, Wind in den Haaren und dieser unverwechselbare Geruch von Meer und Feuerholz.
Fotocredit: Lina Mallon