Liebe Frau Neubauer, Ihre Erfahrung und Expertise im Garten reicht sehr weit. Wie sind Sie ursprünglich dazu gekommen?

Diesen großen Schuh würde ich mir nicht anziehen – ich bin vorrangig Journalistin. Gerade im Reich der Pflanzen lernt man nie aus, entdeckt und erfährt immer wieder Neues. Die aktuelle Diskussion, ob Pflanzen Probleme lösen können, finde ich z.B. sehr spannend (siehe Stefano Mancuso: „Die Intelligenz der Pflanzen“). Pflanzen sind einfach faszinierend – es sind so wunderbare Lebewesen, die uns das Leben und Überleben auf dem Planeten erst ermöglichen.

Die Liebe zum Garteln hat mir vor allem meine Oma vermittelt, in deren Garten wir Kinder alles ernten durften, was dort wuchs – Gelbe Rüben, Salate, Kräuter und Beeren. Das brachten wir dann in ihre kleine Küche, wo alles frisch fürs Mittagsessen verarbeitet wurde. Es war ein kleiner Nutzgarten mit Obstbäumen (Klarapfel, Quitte, Birne), Beerensträuchern und Gemüsebeeten, der uns aber auch Platz zum Toben und Spielen ließ.

Welches waren die prägendsten Personen oder Bücher für Sie im Gartenbereich?

Ich bewundere vor allem Dieter Wieland, der den Mut hat(te), Missstände wie die Verschandelung  und Zerstörung der Landschaft offen anzusprechen mit seiner wunderbar treffenden Sprache, die zugleich immer auch poetisch ist. Seine Filme wie “Grün kaputt” sind Klassiker. Er hat auch wunderbare Filme über Gärten gemacht, über die versunkene Kultur der Bauern- und Pfarrgärten mit ihrer klassischen Form und der typischen Mischung aus Nutzpflanzen, üppigen Stauden-Schönheiten und einjährigen Sommerblumen. Gärten, die mit den dazugehörigen Häusern eine Einheit bilden, die mit der Landschaft verwachsen sind – das kommt meinem Ideal eines Gartens am nächsten.

Was wächst im Moment in Ihrem Garten?

Noch Anfang Juli hatte der Rambler ‘Félicité et Perpétue’ den Balkon mit seinen kleinen weißen Blütendolden eingehüllt und Garten und Haus zu einer Einheit verschmolzen – das liebe ich, wenn sich Architektur und Natur verbinden. Nun, Anfang August, freue ich mich über Ziergräser und Hortensien, über Phlox, Echinacea und über all die Sommerblumen, die Farbe in unser Hochbeet bringen.

Unser Garten ist ein lebendiger, naturnaher Garten, der an eine extensive Feuchtwiese grenzt. Wir bekommen regelmäßig Besuch von Blindschleichen, Fröschen und Kröten und manchmal sogar von Ringelnattern. Vogelarten und Insekten fühlen sich hier wohl. Abends schaut ab und an eine Fledermaus vorbei. Für meine Tochter gibt es immer wieder etwas zu entdecken, etwa Raupen und Falter, die sie dann fotografiert. Unser Garten ist ein Lebensraum. Obwohl er nicht riesig ist, hat er den unterschiedlichsten Lebewesen doch etwas zu bieten.

Worauf freuen Sie sich am meisten im Gartenjahr?

Schwer zu sagen, aber wahrscheinlich auf das Frühjahr, wenn die ersten Geophyten das Grau des Winters aufhellen und mit ihren leuchtenden Farben gute Laune verbreiten – eine Jahreszeit, in der man sich über jede Blüte freut. Nach dem langen Winter hier am Alpenrand ist man ausgehungert nach frischem Grün und farbiger Lebendigkeit.

Der Award Gärten des Jahres und das Jahrbuch haben sich mit Ihnen als Autorin und Projektleitung zum essenziellen Preis in der Gartenbranche entwickelt. Wie ist die Idee ursprünglich entstanden? Was bedeutet der Preis Ihrer Meinung nach für die Branche?

Mit dem Preis wird die kreative Arbeit der Gartenarchitekten und Gartenbauer gewürdigt und gleichzeitig ihr Beitrag zur heutigen Gartenkultur dokumentiert. Ich finde es sehr schön, dass sich die Preisverleihung auf Schloss Dyck zu einem Treffpunkt für die grüne Branche entwickelt hat. Hier kann man sich austauschen, Kontakte knüpfen bzw. vertiefen oder mit hervorragenden Garten-Fotografen ins Gespräch kommen.

Haben Sie einen Lieblingsgarten (außer Ihrem eigenen natürlich)?

Es gibt so viele gute Gärten – kaum möglich, sich auf einen zu beschränken. Als ich für das Buch „Gartenschätze in Bayern“ recherchierte und viele Gärten und Parks besuchte, wurde mir die große Bandbreite, die wir allein in Bayern haben, erst bewusst. Besonders spannend fand ich es, in alten Gärten und Parks auf Spurensuche nach historischen Elementen und Strukturen zu gehen – unter fachkundiger Führung der Engagierten tauchte man in vergangene Zeiten und erfuhr so viel Spannendes über die Menschen, welche die Gärten einst angelegt hatten, über deren Zeit, über Pflanzenverwendung und Gartengestaltung im Laufe der Jahrhunderte – und nicht zuletzt darüber, wie wir mit diesem grünen Erbe umgehen.

Vielen Dank!