
Wer wohnt denn im Betonhaus?
Für die einen ist Beton der Inbegriff architektonischer Brutalität und höchstens als Baustoff von Brücken, Garagen oder anderen öffentlichen Bauten akzeptabel, für die anderen ist er schlichtweg der perfekte Baustoff – egal für welche Bauaufgabe. Doch an einem Einfamilienhaus aus Beton scheiden sich immer noch die Geister. Allerdings ist Sichtbeton in der Einfamilienhaus-Architektur längst angekommen und sorgt hier nicht nur für spektakuläre äußere Formen und Erscheinungen, wie das Buch Die besten Einfamilienhäuser aus Beton anhand 30 ausgewählter Projekte eindrucksvoll zeigt. Was den Beton gerade für den individuellen Wohnhausbau zu einem äußerst zeitgemäßen und spannenden Baustoff macht, verrät Ulrich Nolting, Geschäftsführer vom Informations Zentrum Beton im Interview.

Was schätzen Sie an dem Baustoff Beton?
Ich schätze die hohe Gestaltungsfreiheit, die der Baustoff Beton bietet: Beton lässt sich in nahezu jede denkbar Form gießen – so sind dem Architekten kaum Grenzen gesetzt. Durch die verwendete Schalung, die Gesteinszuschläge oder die nachträgliche Bearbeitung kann Beton in jeder erdenklichen Farbe und Oberflächenstruktur hergestellt werden. Er ist dank seiner hohen Rohdichte der massivste aller Baustoffe, kann daher Wärme gut speichern – und auch mit dem Schall gibt es keine Probleme: Häuser aus Beton sind sehr leise.

Ist Bauen mit Beton nachhaltiges Bauen?
Ja. Beton ist ein Baustoff, der auf unterschiedlichsten Ebenen nachhaltiges Bauen möglich macht. Das beginnt bei den Ausgangsstoffen: Beton besteht aus den natürlichen Rohstoffen Wasser, Sand und Kies. Gemischt mit Zement, der wiederum aus natürlich gewonnenem Kalkstein gebrannt wird, ergeben sie Beton. Die einzelnen Bestandteile werden lokal gefördert und produziert und können auf kurzen Transportwegen zur Baustelle gebracht werden. Bei der Herstellung in Betonwerken kommen heute ressourcenschonende und energieeffiziente Techniken zum Einsatz. Beton ist ein äußerst beständiger und robuster Baustoff – und dadurch natürlich sehr langlebig.

Wie sieht es mit der Wohngesundheit und der Behaglichkeit aus?
Beton wird im Gegensatz zu vielen anderen Baustoffen selbst strengen Hygienevorschriften gerecht. In Deutschland darf das Trinkwasser in den Wasserwerken nur mit Edelstahl und Beton in Berührung kommen. Ich denke, das spricht für sich. Zur thermischen Behaglichkeit von Wohngebäuden trägt besonders die Oberflächentemperatur der Decken, Wände und Böden bei. Betonbauteile sind aufgrund ihrer Passivität und der damit verbundenen Wärmespeicherkapazität besonders geeignet, sich in diesem Sinne positiv auszuwirken. Ihre Wärmespeicher-kapazität führt zu einem nur geringen Temperaturunterschied zwischen Luft- und Bauteiloberflächentemperatur.

Wohnen Sie selber in einem Haus aus Beton?
Natürlich! Wir haben vor einigen Jahren in einer Baugemeinschaft ein mehrgeschossiges Wohnhaus gebaut. Unser Ziel war es, sowohl bei der Fassade als auch in den Innenräumen Sichtbeton zu verwenden. Das ist uns gut gelungen, und wir fühlen uns nach wie vor sehr wohl in diesem Wohnambiente.
