Tatort im Ledigenheim

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Passend zur Erstausstrahlung des neuen Tatorts „Aus der Tiefe der Zeit“ am kommenden Sonntag fand heute die Buchpräsentation von  „Schauplatz Tatort – Die Architektur, der Film und der Tod“ im Ledigenheim in München statt. Der Ziegelbau im Westend bietet nicht nur Wohnraum für gering verdienende, alleinstehende Männer, sondern ist auch ein Schauplatz des brandneuen Tatorts und somit privilegiert als Veranstaltungsort.

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Vor versammelter Lokalpresse stellten die Autoren rund um Tatort-Kommissar Udo Wachtveitl, Alexander Gutzmer, Chefredakteur des Architekturmagazins Baumeister , und den Journalist Guido Walter die Neuerscheinung vor und warfen einen Blick hinter die Kulissen der beliebtesten deutschen Krimiserie. Dominik Graf, der auch beim BR-Tatort vom kommenden Sonntag Regie führte, nahm ebenfalls an der Podiumsdiskussion teil und verriet allerlei spannende Hintergrundinformationen rund um die Auswahl der Drehorte und die Funktion der Architektur in der Kultserie.  „Ich habe eine Art Notizbuch im Kopf und sammele ständig neue, potenzielle Drehorte“, so Graf.
Wie steht es um das Verhältnis von Architektur und Film, wie geht die Krimireihe mit der gezeigten Architektur und den Stadtbildern, die sie produziert, um? Diese und andere zentrale Fragen drehten sich – sowohl im Buch als auch in der Diskussionsrunde – rund um die Wirkung der Architektur im Tatort, ihren erzählerischen Effekt und die Rollen, die die dargestellten Gebäude in konkreten Folgen einnehmen. „Der Film benutzt den Raum, er kommt im Gegensatz zu anderen Medien gar nicht darum herum, wenn er nicht beliebig wirken möchte“, so Udo Wachtveitl.

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Sowohl Udo Wachtveitl, der bereits als Kolumnist für das Architekturmagazin Baumeister schrieb, als auch Dominik Graf berichteten, dass für sie ihr persönliches Interesse an der Architektur und den Fragen, die sie aufwirft, ausschlaggebend für die Arbeit an dem Buchprojekt waren. Bei Wachtveitl war es die erste Eigentumswohnung, bei Graf das Elternhaus, das das eigene Architekturverständnis schulte und Interesse weckte.
Da mit Udo Wachtveitl und Dominik Graf zwei gebürtige Münchner auf dem Podium saßen und der kommende Tatort ebenfalls in der bayerischen Landeshauptstadt spielt, lag die Frage nach dem München-Bild im Tatort auf der Hand. Dass auch in der Serie mit Klischees gearbeitet wird, die Stadt als „Wohngetto für Reiche“ dargestellt wird, die sich allmählich in Baustellen aufzulösen scheint liegt auf der Hand. Jedoch sei es laut Wachtveitl und Graf genauso wichtig, mit diesen Klischees zu brechen und sich bei der Darstellung nicht an den Erwartungen, die sich an eine Stadt richten, zu orientieren.

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Guido Walter, der für das Buch verschiedenste Drehorte mit Ausschnitten aus den Tatort-Folgen vergangener Tage besuchte, musste feststellen, dass die gezeigten Städte in vielerlei Hinsicht nicht mehr dem Bild der 80er und 90er Jahre entsprechen. Der Tatort wird laut Walter so „zum unfreiwilligen Zeitzeugen des Wandels“. Das Buch „Schauplatz Tatort“ nimmt erstmals diese konservierten Stadtbilder und die Architektur in der Serie ins Visier und schafft so einen völlig neuen Zugang.