Häuser des Jahres 2011

Bekanntgabe der Preisträger

1. Preis: Ruinelli Associati Architetti, Soglio

Umbau eines Stalls zum Wohnhaus in Soglio

Ruinelli_19u
Umbau eines Stalls zum Wohnhaus in Soglio
Ruinelli_24or
Armando Ruinelli

“Die Entscheidung der Jury für die umgebaute Scheune im schweizerischen Soglio von Ruinelli Associati fiel einstimmig aus. Kein anderes Wohnhaus innerhalb der großen Auswahl konnte so eindeutig überzeugen und begeistern. Die bestehende Scheune ist für sich schon ein Meisterwerk an materialisierter Regionalität und Authentizität mit ihrem Natursteinmauerwerk, den auf Abstand gelagerten Holzbohlen im First und dem originalen Steinplattendach. Den Ansatz, beim Umbau eben nicht auf einen deutlichen Kontrast von Neu und Alt zu setzen, und auch keine Box im Sinne eines Hauses im Haus ins Innere zu platzieren, sondern stattdessen Alt und Neu miteinander zu vermengen, also weiterzubauen, wird als sehr glücklich angesehen. Denn das, was der Architekt Armando Ruinelli als neue Materialität hinzufügt, wie Stampfbeton für alle Wände und rohe Eichenplatten für alle Decken, fügt sich hervorragend mit dem Bestand. Herausgekommen ist eine wunderbar sinnliche Kombination, wie sie jedem Architekten als Ideal vorschwebt, wenn er davon träumt, ein alpines Steinhaus umzubauen. Den Wenigsten gelingt dies so bravourös wie hier.”
Peter Cachola Schmal

Auszeichnung: Axel Steudel, Köln
Einfamilienhaus nach traditionellem Vorbild in Köln

Haus K, Wohnhaus, Einfamilienhaus, Köln
Einfamilienhaus nach traditionellem Vorbild in Köln
Steudel_30o
Axel Steudel

“Die Jury würdigt bei dem besprochenen Haus die solide Bauweise, auf Dauerhaftigkeit ausgelegte Materialwahl und das im gegebenen Rahmen fortschrittliche Energiekonzept bei sehr angemessenen Kosten.

In der Symmetrie der Frontfassade sucht das Gebäude in seinem Umfeld am Rande eines Kölner Neubaugebiets nach Distinktion durch Ausgewogenheit der Proportionen. Ein massiver Sockel stemmt sich über das Einerlei der Umgebung und gibt dem Ensemble dadurch etwas Burghaftes. Hier wurde im Hinblick auf traditionelle Methoden und überlieferte Erfahrungen geplant und handwerklich solide gebaut. Es bleiben Eindrücke von Repräsentation, Sicherheit, Geborgenheit und ansonsten im positiven Sinne nicht allzu Ungewöhnlichem. Das Haus möchte dem Versuch nachgehen, auf die Merkmale traditioneller Bauweise eine der heutigen Zeit entsprechende Antwort zu finden. Die Frage, ob das sogenannte traditionelle Bauen in dieser Form wirklich als zeitgemäß empfunden werden kann, ließ sich jedoch am Ende nicht eindeutig beantworten.”
Sebastian Finckh

amunt – architekten martenson und nagel . theissen, Stuttgart
Passivhaus in Tübingen

Amunt_33
Passivhaus in Tübingen
Amunt_36u
Björn Martenson, Sonja Nagel & Jan Theissen

“Das Haus ist ungewöhnlich, vor allem ungewöhnlich gut. Die üblichen Erwartungen an ein Wohngebäude werden nicht erfüllt, es ist sperrig, ästhetisch unbequem und seine Wirkung ist mysteriös. Die Qualität offenbart sich erst bei näherer Betrachtung. Die übliche Erfüllung der funktionalen und planungsrechtlichen Erfordernisse gelingt ungezwungen und endet nicht in zwanghafter Zurschaustellung. Die spröde Fassade aus üblicher Dachpappe verleiht durch ihre intelligente Anwendung der Erscheinung eine eigenständige Noblesse und Eleganz, die Gliederung durch Einschnitte, Abschrägungen und Auskragungen verarbeitet subtil bekannte formale Elemente und durch ein entspanntes Einfügen differenzierter Fensterformate gelingt eine verstörende Harmonie. Der skulpturale Baukörper zwingt der Umgebung keine Dominanz auf und weckt das Interesse an seinem Innenleben. Dessen konsequente monomaterielle Ausführung und Ebenen übergreifende Verschränkung offener Raumstrukturen führt zu einem organischen Nutzungsgefüge wohltuender Einfachheit.”
Paul Kahlfeldt

Schneider & Schneider Architekten, Aarau
Wohnhaus mit Pferdestallungen im Mittelland

Schneider_39u
Wohnhaus mit Pferdestallungen im Mittelland
Schneider_42l
Beat Schneider & Thomas Schneider

“Der Entwurf stellt eine vorbildliche Lösung für eine funktionale Verbindung der Nutzungen – Wohnen und Pferdehaltung – im landwirtschaftlichen Kontext dar. Die differenzierte, fast skulpturale Ausgestaltung des Gebäudekörpers verknüpft in gelungener Weise den monolithischen Eindruck mit der Landschaftsgestaltung und -bebauung. Ein konsequenter Umgang mit Sichtbeton in besonderer Oberflächenstruktur verleiht dem Ensemble sein charakteristisches Aussehen. Die Verwendung von ausschließlich ökologisch und baubiologisch geprüften Materialien zeugt vom nachhaltigen Ansatz. Seine vorbildliche Ausführung sowie die hohen Qualitätsstandards finden im Inneren des Gebäudes ihre Fortsetzung. Das Wohnhaus erreicht den Schweizer Minergie-Standard.”
Thomas Kaczmarek

Die Jurysitzung 2011

Alles neu, alles anders: Häuser des Jahres 2011

Bericht von der Jurysitzung am 08. Apri 2011

In aller Regel finden Jurysitzungen hinter verschlossenen Türen statt. Erschütternde Nachrichten über die epochalen Dispute der Preisrichten dringen nur gerüchteweise nach außen. Wir haben deshalb versucht, anhand der Gebärden und Mundbilder den Juroren von den Lippen zu lesen. Hier folgt eine leider nicht mehr nachprüfbare Rekonstruktion…

jurysitzung_03

Am 8. April tagte im Callwey-Verlag die Jury zum Architekturpreis “Häuser des Jahres 2011″.

jurysitzung_46

Hier zeigen wir (wie es in Pressetexten gerne heißt) die „hochkarätige“ Jury (v.l.n.r.):

Paul Kahlfeldt (Kahlfeldt Architekten), Gerhard Matzig (Ltd. Redakteur Süddeutsche Zeitung), Sebastian Finckh (Jürgen Mayer H. Architekten), Peter Cachola Schmal (Direktor Deutsches Architekturmuseum), Wolfgang Bachmann (Herausgeber Baumeister), Thomas Kaczmarek (InformationsZentrum Beton).

jurysitzung_09

Das ist also die Jury? Warum so ernst, meine Herren? ermunterte die Verlegerin, wollen wir nicht zuerst einmal zusammen etwas singen?

jurysitzung_05

Aber die verantwortungsvolle Aufgabe der Juroren war es, aus über 180 Einsendungen treuhänderisch die Preisträger zu ermitteln. Da war Ernsthaftigkeit gefragt.

jurysitzung_13

Der einstimmig gewählte Vorsitzende bat um eine faire Beurteilung und ein kollegiales Miteinander.

jurysitzung_32

Gut war, dass die Preisrichter regelmäßig an den Übungen der Rückenschule teilgenommen hatten. Einige suchten zwischendurch, die tatsächlichen Dimensionen der großzügigen Grundrisse beim simulierten Ablaufen zu verstehen.

jurysitzung_20

Extratouren und Sondervoten wurden nicht geduldet…

jurysitzung_16

…und kamen sofort ins Protokoll.

jurysitzung_02

Was macht eine Familie mit 1600 Quadratmeter Wohnfläche? fragte sich ein Preisrichter. In Waldtrudering, da gibt es Häuser…

jurysitzung_07

Ist doch klar, Herr Kollege, wenn die Bevölkerung schrumpft, vergrößert sich für den Rest die Wohnfläche automatisch.

jurysitzung_04

Ich hab’s gerade mal überschlagen: Da passt unser Haus vierzehneinhalbmal hinein.

jurysitzung_27

Aber es hat nur ein Fünfzigstel gekostet!

jurysitzung_28

Als Journalist halte ich mir das Wohnen für das Existenzminimum immer vor Augen.

jurysitzung_10

Meine Herren, können wir die private Unterhaltung jetzt bitte einstellen!

jurysitzung_14

Vierzehneinhalb mal… Wenn das Katharina erfährt.

jurysitzung_01

Wie alt ist das Ding hier? Ist das aus dem modernen Antiquariat? Das muss ich Jürgen zeigen. Performativer Glattputz, phänomenal…

jurysitzung_30

Perforierter Putz, Herr Kollege? Was soll das sein? Das sind ganz einfach Bauschäden in der Thermohaut.

jurysitzung_15

Das ist Beton, prima Sichtbeton. Die konischen Löcher kommen von den Ankern der Schalung.

jurysitzung_19

Das schreib ich mir sofort auf: Sichtbeton! Diese Schweizer. Sicht-be-ton… Was es alles gibt.

jurysitzung_06

Aber der Abstand, zwei Finger breit, da kommt doch nie ein Sonnenstrahl hin.

jurysitzung_40

Das ist doch maßstäblich verkleinert! Außerdem geht es um den städtischen Raum, nicht um private Extravaganzen. Zu viel Sonne erzeugt eh’ nur Hautkrebs.

jurysitzung_21

Aber ohne Sonne…? Ich hab mal irgendwo gelesen, entweder bei Rudolf Steiner oder Dieter Bohlen, dass Nachhaltigkeit…

jurysitzung_11

Wir können uns keine Nachhaltigkeit leisten, wenn wir die Vergangenheit ignorieren.

jurysitzung_17

Moment mal, das haben wir gleich. Hier war ein wunderbares Holzhaus dabei, ich hab’s gefunden.

jurysitzung_38

Was, das ist gar kein Beton? Ich dachte das auf dem Foto war erst die Schalung.

jurysitzung_35

Ist doch egal. Erscheinung und Wirkung bestimmen sich aus der Aufgabe, Gestalt und Form resultieren aus der Konstruktion. Die Zeiten willkürlicher Verkleidungen aus geschmäcklerischen Texturen und beliebigen Materialien zur Verblendung einfachster Tragwerke sind vorbei.

jurysitzung_22

Das war druckreif, das schreib ich mir auf für mein nächstes Buch: Meine Frau will einen Gärtner.

jurysitzung_42

Dann sind wir aber flugs im 19. Jahrhundert. Hier sehen Sie…

jurysitzung_39

…das ist nicht massiv. Verkleidung hin oder her: Das ist eine zweischalige Wand.

jurysitzung_41

Wir haben auch eine historische Verantwortung. Hier ist zum Beispiel zufällig eine Arbeit…

jurysitzung_33

…ich halte sie mal hoch, die…

jurysitzung_34

…das haben Sie doch selbst gebaut!

jurysitzung_36

Jetzt reicht es aber! Das nehmen Sie sofort zurück.

jurysitzung_37

Sonst spiele ich nicht mehr mit.

jurysitzung_18

Die sind so gemein. Das nächste Mal schick’ ich Petra.

jurysitzung_12

So ein Kindergarten. Wir haben doch bis jetzt sehr gut gearbeitet, können wir nicht langsam zu einer Entscheidung kommen? Sonst machen wir jetzt Mittag, ich hab’ einen Bärenhunger.

jurysitzung_23

Wir waren doch schon nahe dran.

jurysitzung_24

Ich glaub’, mich tritt ein Pferd! Architekten haben von Architektur so viel Ahnung wie Vögel von Ornithologie.

jurysitzung_26

Da hilft nur eine strenge Klausur. Wir gehen jetzt in den Tiefkeller und entscheiden im Dunkeln, wenn Sie sich von Bildern so ablenken lassen.

jurysitzung_43

Ok. Mir auch zwei Helle für den Keller. Sonst halt’ ich das nicht aus.

jurysitzung_47

Stunden später.

Na, ging doch. Sogar ohne Hammelsprung. Und alle freuen sich.

jurysitzung_44

Damit stehen die Sieger fest. Ich danke der Jury für ihre konstruktive Arbeit.

jurysitzung_45

Erstaunlich. Ich könnte da nicht drin wohnen.

jurysitzung_31

Das war doch abzusehen. Für mich stand der Sieger von der ersten Minute an fest.

jurysitzung_25

Die Journalisten, natürlich… Wissen immer alles von Anfang an besser.

jurysitzung_08

Das Ergebnis können wir doch alle mittragen, nicht wahr? Dann rufen wir jetzt die Verlegerin.

IMG_1992

Gruppenbild mit Dame.

Die Entscheidung der Jury wird im September mit Erscheinen des Buches mitgeteilt.

Hier finden Sie die Beiträge zu den weiteren Wettbewerben:
Häuser des Jahres 2014
Häuser des Jahres 2013
Häuser des Jahres 2012