Die Jurysitzung beginnt
Montagmorgen, kurz vor 9.00 Uhr, in München ist es eisig kalt. Wie weitsichtig, dass das Büro Hild und Kaltwasser (das heute Hild und K heißt) vor 20 Jahren den Keller im Verlagshaus von Callwey im Stadtteil Berg am Laim, ursprünglich gestaltet von Werner Eichberg in den sechziger Jahren, mit Hilfe von indirekt beleuchteten opaken Acrylglaskästen nicht nur in ein architektonisches, sondern auch ein atmosphärisches Raumkunstwerk verwandelt hat, das die Außenwelt gnädig ausblendet. 100 Mappen, ausgewählt von einer kritischen Vorjury aus heuer 181 Einreichungen, jede mit Text, Plänen und Bildern eines Hauses, das gern Haus der Jahres 2018 werden möchte, warten…
…auf die Jury, die sich auf den Weg in den Keller macht …
9.00 Uhr: Pünktlich sind sie da: Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Verena von Beckerath, Architektin bei Heide & von Beckerath und Professorin für Entwerfen und Wohnungsbau an der Bauhaus-Uni Weimar, Barbara Holzer, Holzer Kobler Architekturen und Preisträgerin des Wettbewerbs Häuser des Jahres 2017, Ulrich Nolting, Geschäftsführer InformationsZentrum Beton, Alexander Russ, Redakteur beim Baumeister und bei Topos, Reimund Stewen vom Verband Privater Bauherren e.V. und ich, Katharina Matzig, Architekturjournalistin und mit Ende der Jurysitzung – tatkräftig unterstützt von der Callwey-Redakteurin Architektur/Bauen und Juryfotografin Verena Jaumann – dafür verantwortlich, dass die Häuser des Jahres 2018 nicht nur pünktlich Anfang Oktober in den Buchhandel kommen, sondern auch an die architekturinteressierte Frau und den architekturinteressierten Mann.
Und so geht es gleich an die von beiden Seiten mit den Einreichungen der Bewerber belegten Tischreihen, um in einer ersten Runde den Überblick zu bekommen, was in den letzten beiden Jahren in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Norditalien entworfen und gebaut wurde. Als hätten die Architekten von Hild und Kaltwasser die Jurysitzungen bereits antizipiert, werden die Platten aus schwarzem Linoleum, das fugenlos in den hölzernen Zargen sitzt, zum passenden Hintergrund für die Einreichungen.
Blättern, lesen, anschauen, diskutieren, mit und ohne Brille, mit und ohne Notizbuch und Stift. So manche Bewerbungsmappe wechselt ihren Ort, um sich mit einem ähnlichen Konzept vergleichen zu lassen. Das Niveau ist hoch dieses Jahr, das macht die Auswahl nicht leicht – und trotzdem müssen 50 Entwürfe in gelbe Kisten wandern…
Klassiker – so viel steht fest – liegen im Trend, Mies und Eames haben Kinder und Katzen aus den Architekturaufnahmen verdrängt. Wo führt das wohl hin im nächsten Jahr…?
13.00 Uhr, kurze Mittagspause. Draußen ist es noch immer eiskalt. Darum wird in diesem Jahr das Juryfoto zum Schnellschuss: Traditionell findet es im Lichthof statt, den Hild und Kaltwasser verständlicherweise unbeheizt belassen haben…
Daher wird die Retusche in diesem Jahr vermutlich nicht nur die bemoosten Wände in makelloses betongrau verwandeln müssen, sondern auch den Schnee auf dem Boden schmelzen lassen, damit das Juryfoto hübsch sauber und sommerlich wirkt. Same procedure as every year – und immerhin haben wir uns längst an Fake News gewöhnt… Kein Fake: Peter Cachola Schmal sorgt auch in diesem Jahr für Farbe und der Frisurentrend ist zwar nicht einfarbig, aber einhellig: kurz!
Eine schwierige Entscheidung
Drei Stunden später: Die 50 Projekte, die in die Häuser des Jahres 2018 gehören, sind ausgewählt! Aber wer verdient es warum in die Preisgruppe?
Und auf welchen Rang? Schwierig… Sehr schwierig, oder besser gesagt: Eine Entscheidung, die wohl überlegt, wohl begründet und wohl formuliert sein will und sein muss… Verlegerin Dr. Marcella Prior-Callwey, neugierig auf den Preisträger, muss daher mehrfach unverrichteter Dinge wieder ins Obergeschoss steigen.
Die 50 besten Projekte sind gewählt
Doch dann ist es so weit: Nach Konzentration und Kontemplation knallt der Korken und glücklich und zufrieden stoßen Jury und Verlegerin miteinander an auf die 50 Häuser des Jahres 2018! Die Arbeit der Jury ist getan!
Und meine beginnt nun: Standesgemäß verpackt ziehen die Bewerbungsmappen an einen geheimen Ort…
Ein herzlicher Dank gebührt der Vorprüfung, der gut gelaunten Jury und natürlich den Kolleginnen und Kollegen, die uns mit ihren insgesamt 181 Entwürfen einen großartigen Tag bereitet haben! Ab 6. Oktober wird das Buch „Häuser des Jahres 2018“ im Handel sein und die Entscheidung der Jury dokumentieren. Und am Abend vorher, am 5.10.2018, wird auf der Preisverleihung im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt dann – endlich – auch öffentlich, wer den ersten Preis, die Auszeichnung und die sechs Anerkennungen errungen hat! Glückwunsch und Fortsetzung folgt…