12. Baumeister Architektur-Quartett

Am vergangenen Donnerstagabend luden das Architekturmagazin Baumeister und der Kooperationspartner Heidelberger Beton im Ägyptischen Museum in München zum 12. Baumeister Architektur-Quartett. Chefredakteur Prof. Alexander Gutzmer diskutierte mit dem Architekten Stephan Braunfels und Jeanette Kunsmann, der Chefredakteurin des BauNetz in Berlin, drei aktuelle Münchner Bauten zum Thema „Das Gestern im Heute – Architektur und Erinnerung“.

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Als prominenter, architekturinteressierter Laie saß diesmal Axel Hacke, Schriftsteller und Kolumnist des SZ Magazins, mit auf dem Podium. Dass man in München durchaus Interesse an architektonischer Vergangenheitsbewältigung hat, zeigte die beinahe brandschutzgefährdend hohe Besucherzahl.

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Folgende Bauwerke standen – nach vorheriger Besichtigung durch die Diskussionsteilnehmer – im Mittelpunkt der Veranstaltung:
Das NS-Dokumentationszentrum, erbaut von Georg Scheel Wetzel Architekten / Berlin wurde in der Brienner Straße auf dem Gelände des im Krieg zerstörten „“Braunen Hauses“ –-  der ehemaligen Parteizentrale der NSDAP – errichtet, und soll nach der Ausstellungseröffnung im April 2015 als Lern- und Erinnerungsort der Geschichte des Nationalsozialismus dienen. Der würfelförmige Neubau aus weißem Sichtbeton  will durch die Vielzahl an Lamellenfenstern Sichtbeziehungen zum Außenraum ermöglichen, um so die historische Topografie der Umgebung in das Konzept mit einzubeziehen. Inwiefern dies gelungen ist, und der Entwurf seiner Aufgabe gerecht werden kann, wurde zum Einstieg des Abends kontrovers diskutiert.

NSD_Georg Scheel Wetzel

Der zweite Neu- beziehungsweise Umbau, mit dem sich das Quartett auf dem Baumeister-Podium an diesem Abend befasste, liegt an der Ungererstraße im Münchner Norden. Der ehemalige Luftschutzbunker wurde in den 1940er Jahren zum Schutz der Münchner Bevölkerung wie rund 39 weitere Bauten seiner Art errichtet. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz und seine nationalsozialistische Vergangenheit erforderte bei allen Beteiligten des aufwändig gearteten Umbaus besonderes Feingefühl. In der Diskussionsrunde wurde vor allem hinterfragt, wie die architektonische Transformation des Gebäudes durch die Raumstation Architekten / Starnberg und seine Umnutzung als Wohnhaus realisiert wurden und wie das Gebäude nun in gewisser Weise eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart darstellt.

Hochbunker_Raumstation Architekten

Zum Abschluss wurde noch das eindrucksvolle Gebäude der Hochschule für Fernsehen und Film, sowie das daran angegliederte Ägyptische Museum der Peter Böhm Architekten / Köln zur Diskussion gestellt. Es handelt sich außerhalb Ägyptens um den einzigen Museumsbau weltweit, der ausschließlich altägyptischen Exponaten gewidmet ist. Der Standpunkt im Zentrum des Münchner Kunstareals, das imposante Portal des Gebäudes hin zur Gabelsbergerstraße, das den Besucher über eine flach abfallende Treppe hinunter in die unterirdisch gelegenen Ausstellungräume führt – all dies zeigt deutlich, wie sich die Architektur der besonderen Bauaufgabe anpasst. Die kirchenschiffähnlichen Räume erhalten ihr warmes Licht durch ein versenktes Atrium, keiner der Räume wirkt vordergründig ägyptisierend – und doch werden im Besucher Assoziationen an Tempelräume und Königsgräber lebendig.

Ägyptisches Museum_Peter Böhm Architekten

Zum Schluss der Diskussionsrunde blieb der Eindruck, dass es die eine architektonisch richtige Haltung zur Geschichte kaum geben kann. Es geht vielmehr darum, sich an der Wahrnehmung des Vergangenen abzuarbeiten und dieses lebendig zu halten –  aber dennoch zeitgemäße Antworten auf die Herausforderungen des Früheren zu formulieren.

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