Alles unter Null

Der Winter als größter Feind der Mode?

Die Dänen, hört man immer wieder, gehören zu den glücklichsten Menschen auf Erden. Sicher liegt das am ausgezeichneten sozialen System, an der ausgeglichenen Work-Life-Balance und am ökonomischen Wohlstand. Ich bin überzeugt, dass dieses Glück noch eine ganz andere Ursache hat. Die Dänen haben herausgefunden, wie man sich im Winter schön anzieht.

In Berlin kenne ich dagegen nur Leute, die der Winter unglücklich macht und die auch so aussehen. Selbst ich als Halbdänin bin nur halb glücklich. Meine eigene Laune bewölkt sich ab Anfang November wie der Himmel über der Stadt und ich gebe schnell auf, mich gegen das Grau anzuziehen. Meine wärmste Jacke ist ein Daunenungeheuer, das so gut gegen Kälte isoliert wie ein Thermoschlafsack aber auch genauso unförmig ist. Aber wen will ich im Winter schon beeindrucken? Die anderen in Daunenungeheuer gekleideten Berliner? Mein Motto: Parka, Schal, is’ mir egal.

So habe ich es gehalten, bis ich das erste Mal zu einer Fashion Week nach Kopenhagen flog. Modewochen sind Ausnahmesituationen, bei denen sich die Eingeladenen, aber besonders alle nicht Eingeladenen, aufführen wie Stars in der Manege. In Kopenhagen sah ich allerdings keine Frau, die wegen ihrer Stöckelschuhe von Türstehern über Schneematsch getragen werden musste, wie es in New York vorkommt. Nur lauter zweckmäßig, aber beneidenswert gut gekleidete Frauen. Und zwar überall in der Stadt.

 

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Mit der Daunenjacke kommt Frau garantiert stilvoll durch den Winter.

 

Die Daunenjacke oder die Frage, wie sich Komfort und Stil vereinbaren lassen

Ich begann sofort, mir Notizen zu machen:
1. Daunen? – Ja, aber eng anliegend und in eigentlich unmöglichen Farben wie Senfgelb (Randnotiz: Auf der Stelle den nächsten Acne-Laden ausfindig machen!).
2. Wichtigstes Kleidungsstück ist ein origineller Mantel. (Originell dreimal unterstrichen!) Das kann ein zotteliger Kunstpelz sein, ein Peacoat mit Shearling-Besatz, ebenso wie ein XL-Doppelreiher in Zuckerwatte-Rosa mit Goldknöpfen. Dazu auf ungeschminkt schminken. (Merke: Die Dänin gefällt sich besser interessant als hübsch.)
3. Accessoires!!! Der dicke Schal ist aus Cashmere, die festen Stiefel haben einen auffälligen Blockabsatz, die Handschuhe tragen Knallfarbe.
4. Lieblingsidee: Die kleine Schultertasche für den Abend tagsüber nehmen. Die Hände trägt man sowieso in den Manteltaschen.

 

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Daunenjacken dürfen gerne in knalligen Farben getragen werden.

 

Das Geheimnis der Däninnen

Nicht auszuschließen, dass die Art der Däninnen – und aller übrigen Skandinavierinnen – sich anzuziehen, ganz einfach geografisch begründet ist. Da der Sommer in diesen Breitengraden in der Regel so kurz ist, wird man im Winter einfallsreicher. Kommt hinzu, dass sich der dänische Sinn für hygge, für Gemütlichkeit, auf das Stilempfinden überträgt. Turnschuhe, Jogginghosen und Daunenjacke wurden zuerst hier zum modischen Statement.

Wenn ich meine dänischen Freundinnen frage, ob sie dem zustimmen, gucken sie auf ihre Turnschuhe und erzählen etwas darüber, dass sie bei Outfits zuerst daran denken, ob sie damit Fahrrad fahren können. Aber hat ihr Stil auch etwas mit der Gleichberechtigung zu tun? Oder damit, dass sich das Zusammenspiel von Form und Funktion, das man aus dem dänischen Möbeldesign kennt, auf die Mode übertragen hat? Damit, dass sie sehr viel Zeit an der frischen Luft verbringen? Oder alles auf einmal?

„Mag sein”, sagen sie dann auf ihre unhysterisch dänische Art. Sie nennen Marken wie Saks Potts, Freya Dalsjø und Stine Goya, die sehr feminin sind, ohne ausgesprochen mädchenhaft zu sein. Sie denken beim Anziehen eher an Unisex als an sexy. Und finden darüber hinaus, dass man sich zu jeder Jahreszeit so anziehen sollte, dass man sich gefällt.

Ist das schon das Geheimnis? Um das weiter zu beobachten, werde ich in Zukunft öfter nach Kopenhagen fliegen müssen.

Lust auf noch mehr Styling-Tipps inklusive spannender Einblicke in die Schränke bekannter Fashionistas wie Eva Padberg, Jessica Weiss oder Hannah Herzsprung? Dann unbedingt von diesem Modebuch inspirieren lassen: Stilvoll – Inspiration von Frauen, die Mode lieben!

 

 

Fotocredits: Marlene Sørensen/ Unsplash