Leben und leben lassen

Au wei, böses Erwachen beim Blick aus dem Fenster. Der schöne milde goldene Oktober wird gerade von den ersten Herbststürmen vertrieben. Das hinterlässt auch im Garten seine Spuren. Etwas ungewohnt, dass der Blick zu den Nachbarn nun wieder frei ist. Die Bäume haben ihr buntes Laub über Nacht verloren, dafür sind Rasen und Wege damit bedeckt und überall in der Umgebung ist das kratzende Geräusch der Rechen zu hören. Eifriges Fegen allüberall.

Autumn leaves on a green grass
Das Laub verfärbt sich in den schönsten Farben
 
Cleaning of autumn leaves on a green lawn
Der Laubbesen: das Werkzeug der Saison

Erster Gedanke: Hoffentlich landet all das Laub nicht durch übertriebenen Ordnungssinn in den Abfalltonnen. Sicher, bei Nässe sind die Wege durch die Blätter rutschig. Klar, der Rasen bekommt unter der Laubschicht keine Luft. Aber deshalb all die Blätter, die ganze Biomasse, die von den Bäumen übers Jahr produziert wurde, zum Wertstoffhof zu bringen macht nicht nur entschieden zu viel Arbeit sondern wäre auch ziemlich dumm. Schon mal was vom Stoffkreislauf gehört? Der findet nämlich auch im Garten statt. Wird das Laub einfach „entsorgt“, ist der Kreislauf unterbrochen. Kann es sich dagegen über Winter an Ort und Stelle zersetzen, stehen den Pflanzen die frei gewordenen Mineralien im Frühjahr wieder zur Verfügung und es werden weniger zusätzliche Pflanzerde und Dünger benötigt.

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Indian Summer

Das hört sich doch gut an. Und es spricht ja nicht dagegen, Blätter auf Wegen und Rasenflächen zusammenzukehren. Ich verteile das Falllaub immer auf Blumenbeeten und unter den Gehölzen. Dort stört es ja niemanden und kann von Mikroorganismen zersetzt und wieder zu den wertvollen Nährstoffen umgewandelt werden kann, aus denen es im Frühjahr gebildet wurde. Das dauert zwar ein Weilchen, weil auch die Bodentiere über Winter pausieren. Solange leistet es aber als Schutzschicht noch wertvollen Winterdienst. Die Pflanzenwurzeln bleiben darunter besser vor Frost geschützt, der Wind kann die offene Bodenkrume nicht forttragen. Feuchtigkeit verdunstet nicht so schnell und Abbauprozesse werden durch die höhere Wärme beschleunigt. Auch die im Herbst frisch gepflanzten Zwiebelblumen, Stauden und Gehölze freuen sich. Sie können dann besser einwurzeln. Und wenn ich mich vorm Fitnessprogramm mit dem Laubrechen drücken möchte schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe: Bei der letzten Rasenmahd sammelt der Rasenmäher das Falllaub von unserem großen Apfelbaum mit im Fangkorb auf. Zusammen mit dem Gras eignet es sich dann prima für den Kompost oder als Füllmaterial im Hochbeet.

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Farblich abgestimmt

Aber Laub kann noch viel mehr. Zum Beispiel frostempfindliche Pflanzen bedecken oder Gartentieren wie Igel, Kröten und Insekten über Winter eine kuschelige Bleibe bieten. Dann sind sie als Nützlinge im Frühjahr gleich zur Stelle, wenn es um Unterstützung gegen die erste Blattlausplage geht. Es macht also gleich mehrfach Sinn, Laubhaufen an einer windgeschützten Ecke im Garten zu errichten! Fazit: Von dem kostenlosen Blattgold kann man eigentlich gar nicht genug haben.

Fotos: Depositphotos, Christina Freiberg